Der Predigttext von heute hat es in sich. Kann er in unserer Zeit vorbildhaft sein oder sind seine Aussagen heute utopisch? Wie können wir Frieden stiften? Uns vor Rachegedanken schützen? Und was tun, wenn Auseinandersetzungen bestehen?
Ich würde gerne mit Ihnen darüber in Diskussion kommen. Ihre Gedanken interessieren mich!
Hier ist zunächst meine Predigt vom Sonntag. Denn Einstieg, in dem ich die spannende Geschichte von David und Saul mit einem Krimi vergleiche, lasse ich hier weg und beginne mit dem Predigttext aus 1. Samuel 24, 1-20.
Liebe Gemeinde!
Der heutige Predigtext ist ein kleiner Teil der Geschichte zwischen Saul und David, in der eine klare Botschaft Gottes steht:
Hören wir die ganze Geschichte dieser schicksalhaften Begegnung:
1. Samuel 24
David verschont Saul in der Höhle von En-Gedi
1Und David zog von dort hinauf und blieb in den Bergfesten bei En-Gedi. 2Als nun Saul zurückkam von der Verfolgung der Philister, wurde ihm gesagt: Siehe, David ist in der Wüste En-Gedi. 3Und Saul nahm dreitausend auserlesene Männer aus ganz Israel und zog hin, David samt seinen Männern zu suchen bei den Steinbockfelsen. 4Und als er kam zu den Schafhürden am Wege, war dort eine Höhle, und Saul ging hinein, um seine Füße zu decken. David aber und seine Männer saßen hinten in der Höhle.
5Da sprachen die Männer Davids zu ihm: Siehe, das ist der Tag, von dem der Herr zu dir gesagt hat: Siehe, ich will deinen Feind in deine Hand geben, dass du mit ihm tust, was dir gefällt.
Und David stand auf und schnitt leise einen Zipfel vom Mantel Sauls. 6Aber danach hatte er ein schlechtes Gewissen, dass er den Zipfel von Sauls Mantel abgeschnitten hatte, 7und er sprach zu seinen Männern: Das lasse der Herr ferne von mir sein, dass ich das tun sollte und meine Hand legen an meinen Herrn, denn er ist der Gesalbte des Herrn. 8Und David wies seine Männer mit diesen Worten von sich und ließ sie sich nicht an Saul vergreifen.
Als aber Saul sich aufmachte aus der Höhle und seines Weges ging, 9machte sich danach auch David auf und ging aus der Höhle und rief Saul nach und sprach: Mein Herr und König! Saul sah sich um. Und David neigte sein Antlitz zur Erde und fiel nieder. 10Und David sprach zu Saul: Warum hörst du auf das Reden der Menschen, die da sagen: David sucht dein Unglück? 11Siehe, heute haben deine Augen gesehen, dass dich der Herr heute in meine Hand gegeben hat in der Höhle, und man hat mir gesagt, dass ich dich töten sollte. Aber ich habe dich verschont; denn ich dachte: Ich will meine Hand nicht an meinen Herrn legen; denn er ist der Gesalbte des Herrn. 12Mein Vater, sieh doch hier den Zipfel deines Rocks in meiner Hand! Dass ich den Zipfel von deinem Rock schnitt und dich nicht tötete, daran erkenne und sieh, dass nichts Böses in meiner Hand ist und kein Vergehen. Ich habe mich nicht an dir versündigt; aber du jagst mir nach, um mir das Leben zu nehmen. … 16Der Herr sei Richter und richte zwischen mir führe meine Sache, dass er mir Recht schaffe und mich rette aus deiner Hand!
17Als nun David diese Worte zu Saul geredet hatte, sprach Saul: Ist das nicht deine Stimme, mein Sohn David? Und Saul erhob seine Stimme und weinte 18und sprach zu David: Du bist gerechter als ich, du hast mir Gutes erwiesen; ich aber habe dir Böses erwiesen. 19Und du hast mir heute gezeigt, wie du Gutes an mir getan hast, als mich der Herr in deine Hand gegeben hatte und du mich doch nicht getötet hast. 20Wo ist jemand, der seinen Feind findet und lässt ihn im Guten seinen Weg gehen? Der Herr vergelte dir Gutes für das, was du heute an mir getan hast!
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Liebe Schwestern und Brüder,
ich denke, wir haben unsere Schlüsse aus dieser Perikope gezogen. David wird uns als Vorbild dargestellt. Rache und Hassgedanken entsprechen nicht dem Willen Gottes. Das Leben zu bewahren, im Gespräch zu bleiben, Frieden zu suchen, sind die Gebote Gottes, die uns hier vermittelt werden.
David wird uns hier als sensibler und aufrichtiger, gläubiger Mensch dargestellt. Er hatte sogar ein schlechtes Gewissen, dass er einen Zipfel von Sauls Mantel abgeschnitten hatte. Obwohl doch gerade dieser das Beweisstück für seine friedvollen und gerade nicht rachsüchtigen Gedanken war.
Natürlich will uns diese Perikope fragen: wie hätten wir denn gehandelt? Hätten wir unseren Feind, der uns nach dem Leben trachtet, verschont? Wären wir das Risiko eingegangen und hätten unseren Feind nicht außer Gefecht gesetzt? Und: Hätten wir das Gottvertrauen, dass Gott letztlich uns Recht schaffen und uns schützen würde?
Je nachdem wie wir geprägt sind, werden wir diese Fragen unterschiedlich beantworten.
Es sind Könige, Herrscher, Reiche, Menschen, die Macht haben, die Welt oder ihr Umfeld nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Wenn diese nicht die Sensibilität eines Davids besitzen und nicht nach Gottes Willen fragen, dann versuchen sie mit allen Mitteln ihren Willen umzusetzen.
Das kennen wir alle nur zu genüge. Am Arbeitsplatz, im gesellschaftlichen Umfeld, in den Diskussionen um Abhängigkeiten und Abgrenzungen.
Wo die Abhängigkeiten von den Machthabern ausgenutzt werden und die demokratischen Gesetzmäßigkeiten ausgesetzt scheinen, bleiben oft nur drei Möglichkeiten:
- Die erste wäre: Auf die Stunde zu warten, in der Rache nehmen möglich ist.
Bis dahin leidvoll ertragen, was nicht zu ändern ist. Auf die Stunde zu warten, wo man denen, in dessen Abhängigkeiten oder unter dessen Willen wir stehen, in ihre Schranken zu weisen, sie zu entlarven oder bloßzustellen.
Der heutige Bibeltext führt uns vor Augen, dass dies nicht der Weg ist, der zum Frieden und zur Gerechtigkeit führen wird.
- Die zweite Möglichkeit wäre: Ins Gespräch zu gehen, wie es David in unserem Predigttext gelungen ist;
Einsicht, Verständnis, Frieden zu suchen.
Gerade nicht mit Rachegedanken, sondern in ehrlicher Vergebungsbereitschaft.
Leider ist die Bereitschaft in unserer Gesellschaft dazu nicht sehr groß. Es würde ja auch voraussetzen, dass diejenigen, die die Macht über Menschen haben, von ihrem Ross herunter steigen und auf einer Stufe begegnen können. Saul konnte das. Und David konnte dadurch glaubhaft vermitteln, dass er nicht Rache suchte, so dass Saul diese nicht befürchten müsse. „Gott soll und wird unser Richter sein.“
Und wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben, nicht möglich sind?
Sei es, dass ich von meinen eigenen Rachegedanken nicht los komme; sei es, dass mein Widersacher nicht zu Gesprächen, ehrlichen Kompromissen oder demokratischen Entscheidungen bereit ist?
Dann werden die Auseinandersetzungen nicht aufhören. Dann werden diese Situationen zunehmen belastend, krankmachend und letztlich eskalieren.
Jesus hat immer wieder das Gespräch gesucht und auf seine sensible und friedensstiftende Art ist er Menschen begegnet. Doch als dies nicht mehr möglich war, als die Menschen ihn sogar aus der Stadt trieben an den Abhang des Berges der Stadt, wo sie ihn herunterstoßen wollten… – dieses Ereignis können wir in Lukas 4 nachlesen – wie hat Jesus da gehandelt? Lk 4, 40: „Da schritt er mitten durch die Menge hindurch und ging weg!“ Er verließ die Menschen, die seiner Berufung widersprachen und kehrte ihnen den Rücken zu. Jede weitere Konfrontation hätte zur Eskalation geführt.
- Die dritte Möglichkeit wäre also die Situation und das Umfeld besser zu verlassen, als in Rachegedanken zu kommen oder Auseinandersetzungen mit immer größer werdenden Geschützen auszufechten. Daraus entstehen die Kriege, die wir in der Welt, im Umfeld oder gar in den Familien immer wieder angstvoll erleiden müssen.
David nutzt nicht seine Möglichkeiten zur Rache. Er bleibt mit Gott im Reinen und mit seinem König im Frieden. Setzen wir alles daran, dass in uns nicht das Gefühl der Rache wächst!
Das ist die christliche Friedensbotschaft, die David zum König gekrönt hat und die Jesus und seine Nachfolger zu Friedensstiftern macht.
Amen
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